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Gesellschaftlicher Wandel durch Freie Software und Offene Standards

Gesellschaftlicher Wandel durch Freie Software und Offene Standards

Im Freien Software-Projekt 'Global Commoning System' (GCS), geht es ums Ganze: Eine Lebensweise fördern, die auf Teilen und Freiwilligkeit beruht und damit aus kapitalistischen Verhältnissen herausführen kann. In diesem Vortrag wird sich der Systematik des GCS durch drei sogenannte Funktionskomplexe angenähert.

Marcus Meindel

April 16, 2023
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Transcript

  1. Gesellschaftlicher Wandel durch Freie Software und Offene Standards Funktionskomplexe zur

    Vernetzung des Commonings Marcus Meindel April 15, 2023, Public Domain
  2. Worum geht’s? Mit Informationstechnik ein Fundament zur Aufhebung kapitalistischer Verh¨

    altnisse aufzubauen Wohin geht’s? Einer auf Commoning beruhenden Lebensweise
  3. Commoning (dt.: Gemeinschaffen): „Selbstorganisiertes und bed¨ urfnisorientiertes gemeinsames Produzieren, Verwalten,

    Pflegen und/oder Nutzen.” Beipiele: • Wikipedia, Fediverse & Freie Software • Solidarische Landwirtschaft & Mitmachsuperm¨ arkte • Freie Lastenr¨ ader & Offene Werkst¨ atten
  4. Commoning (dt.: Gemeinschaffen): „Selbstorganisiertes und bed¨ urfnisorientiertes gemeinsames Produzieren, Verwalten,

    Pflegen und/oder Nutzen.” Beipiele: • Wikipedia, Fediverse & Freie Software • Solidarische Landwirtschaft & Mitmachsuperm¨ arkte • Freie Lastenr¨ ader & Offene Werkst¨ atten Prinzipien des Commonings: • Freiwilligkeit • Inklusivit¨ at • Gleichrangigkeit • Bed¨ urfnisorientierung • Selbstorganistation (nach J.Euler)
  5. Im GCS-Projekt geht es nicht darum, ein geschlossenes System zu

    entwickeln Es werden IT-Funktionen beschrieben, mit denen Commoning unterst¨ utzt werden kann.
  6. Im GCS-Projekt geht es nicht darum, ein geschlossenes System zu

    entwickeln Es werden IT-Funktionen beschrieben, mit denen Commoning unterst¨ utzt werden kann. Diese Funktionen k¨ onnen in bestehenden und entstehenden Werkzeugen implementiert werden.
  7. Im GCS-Projekt geht es nicht darum, ein geschlossenes System zu

    entwickeln Es werden IT-Funktionen beschrieben, mit denen Commoning unterst¨ utzt werden kann. Diese Funktionen k¨ onnen in bestehenden und entstehenden Werkzeugen implementiert werden. Es werden Standards gesucht, mit denen Infrastruktur durch die Verwendung der Werkzeuge aufgebaut werden kann.
  8. Teilen Funktionen f¨ ur effizientes Teilen und Aufbau von Infrastruktur

    Selbstorganisation Funktionen zur Koordination jenseits von Markt und Staat Gegenseitigkeit Funktionen f¨ ur ein faires und lebendiges Miteinander
  9. ¨ Ubersicht 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln ▶ Funktionskomplex Teilen

    & Regeln ▶ Funktionskomplex Selbstorganisation ▶ Funktionskomplex Gegenseitigkeit ▶ Abschluss
  10. Regeln 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Regeln sind handlungsleitend in

    jeder Interaktion zwischen Menschen und jedem gesellschaftliche Verh¨ altnis.
  11. Regeln 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Regeln sind handlungsleitend in

    jeder Interaktion zwischen Menschen und jedem gesellschaftliche Verh¨ altnis. • ,Privates Eigentum’ ist ein Regelkomplex
  12. Regeln 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Regeln sind handlungsleitend in

    jeder Interaktion zwischen Menschen und jedem gesellschaftliche Verh¨ altnis. • ,Privates Eigentum’ ist ein Regelkomplex • Der Prozess des Teilens unterliegt Regeln
  13. Regeln 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Regeln sind handlungsleitend in

    jeder Interaktion zwischen Menschen und jedem gesellschaftliche Verh¨ altnis. • ,Privates Eigentum’ ist ein Regelkomplex • Der Prozess des Teilens unterliegt Regeln • Eine ,gemeinsame Welt’ beinhaltet einen st¨ andigen Prozess der Absprachen, Konfliktl¨ osung, Neuregelung, etc.
  14. Szenario: Teilen mit Unbekannten 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln 1.

    Alice will auf einer Baustelle helfen & braucht eine Kreiss¨ age
  15. Szenario: Teilen mit Unbekannten 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln 1.

    Alice will auf einer Baustelle helfen & braucht eine Kreiss¨ age 2. Eine Hausgemeinschaft (die Alice nicht kennt) stellt eine Kreiss¨ age zur Verf¨ ugung
  16. Szenario: Teilen mit Unbekannten 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln 1.

    Alice will auf einer Baustelle helfen & braucht eine Kreiss¨ age 2. Eine Hausgemeinschaft (die Alice nicht kennt) stellt eine Kreiss¨ age zur Verf¨ ugung 3. Alice nutzt ein Werkzeug, um eine Kreiss¨ age zu finden
  17. Voraussetzung IT-basiertes Teilen 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Was sind

    die Voraussetzungen einer Infrastruktur des Teilens?
  18. Voraussetzung IT-basiertes Teilen 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Was sind

    die Voraussetzungen einer Infrastruktur des Teilens? 1. Gleichheit erkennen zwischen dem was ben¨ otigt ist und dem was verf¨ ugbar ist
  19. Voraussetzung IT-basiertes Teilen 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Was sind

    die Voraussetzungen einer Infrastruktur des Teilens? 1. Gleichheit erkennen zwischen dem was ben¨ otigt ist und dem was verf¨ ugbar ist 2. Regeln verstehen und verarbeiten k¨ onnen, selbst wenn diese in Pr¨ asenz getroffen wurden
  20. Standard: ValueFlows 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Valueflows: „Valueflows ist

    ein Standardvokabular (Ontologie) zur Koordinierung der Erzeugung, Verteilung und des Austauschs von wirtschaftlichen Ressourcen.” ValueFlows-Beschreibung ’@id’: alice:fbff9852-... ’@type’: EconomicResource name: Kreiss¨ age einer Hausgemeinschaft trackingIdentifier: 889jcd00s #Seriennummer conformsTo: kettler:822b6baf-.... #Bezug zum S¨ agen-Modell
  21. Standard: Institutional Grammer 2.0 (IG2.0) 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln

    Die IG2.0 erlaubt eine Aufschl¨ usselung von Regeln in ihre grammatikalischen Bestandteile zur maschinellen Verarbeitung. IG2.0 Entschl¨ usselung Die Werkzeuge unserer Hausgemeinschaft d¨ urfen von allen Bewohner*innen des Viertels mitverwendet werden, wenn diese zwei Tage im Voraus anfragen.
  22. Standard: Institutional Grammer 2.0 (IG2.0) 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln

    Die IG2.0 erlaubt eine Aufschl¨ usselung von Regeln in ihre grammatikalischen Bestandteile zur maschinellen Verarbeitung. IG2.0 Entschl¨ usselung B(Die Werkzeuge)[@id:..] B,p(unserer Hausgemeinschaft)[@id:..] D(d¨ urfen) A(von allen Bewohner*innen)[@id:..] A,p(des Viertels)[@id:..] I(mitverwendet werden), wenn {A(diese) Cac(zwei Tage im Voraus) I(anfragen)}. [@id:..]: Beziehung zu z.B. ValueFlows-Beschreibung
  23. Kapitalismus-Bezug 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Keimform des Kapitalismus: Ware.

    Entstehend aus: a) willk¨ urlicher Verf¨ ugung b) Tausch
  24. Kapitalismus-Bezug 1 Funktionskomplex Teilen & Regeln Keimform des Kapitalismus: Ware.

    Entstehend aus: a) willk¨ urlicher Verf¨ ugung b) Tausch Effiziente Formen des Teilens sind Grundlage post-kapitalistischer Gesellschaftlichkeit Ein Verst¨ andnis von in Pr¨ asenz getroffenen Regeln ist eine Grundlage effizienten Teilens
  25. ¨ Ubersicht 2 Funktionskomplex Selbstorganisation ▶ Funktionskomplex Teilen & Regeln

    ▶ Funktionskomplex Selbstorganisation ▶ Funktionskomplex Gegenseitigkeit ▶ Abschluss
  26. T¨ atigkeit und Gesellschaft 2 Funktionskomplex Selbstorganisation In jeder Gesellschaftsform

    muss etwas getan werden... Wie kann das organisiert werden? • Pers¨ onliche Herrschaft
  27. T¨ atigkeit und Gesellschaft 2 Funktionskomplex Selbstorganisation In jeder Gesellschaftsform

    muss etwas getan werden... Wie kann das organisiert werden? • Pers¨ onliche Herrschaft • Profitstreben, Lohnabh¨ angigkeit („stummer Zwang”)
  28. T¨ atigkeit und Gesellschaft 2 Funktionskomplex Selbstorganisation In jeder Gesellschaftsform

    muss etwas getan werden... Wie kann das organisiert werden? • Pers¨ onliche Herrschaft • Profitstreben, Lohnabh¨ angigkeit („stummer Zwang”) • Selbstorganisation ,zwischen Lust und Notwendigkeit’ (Kratzwald)
  29. Selbstorganisation durch Selbstzuordnung 2 Funktionskomplex Selbstorganisation 1. Es wird vermittelt,

    was es zu tun gibt 2. Diese Information wird an Endger¨ ate Interessierter geschickt
  30. Selbstorganisation durch Selbstzuordnung 2 Funktionskomplex Selbstorganisation 1. Es wird vermittelt,

    was es zu tun gibt 2. Diese Information wird an Endger¨ ate Interessierter geschickt 3. Alice m¨ ochte durch den Bau eines Ger¨ ustes beitragen, braucht aber eine Kreiss¨ age
  31. Selbstorganisation durch Selbstzuordnung 2 Funktionskomplex Selbstorganisation 1. Es wird vermittelt,

    was es zu tun gibt 2. Diese Information wird an Endger¨ ate Interessierter geschickt 3. Alice m¨ ochte durch den Bau eines Ger¨ ustes beitragen, braucht aber eine Kreiss¨ age
  32. Festhalten und Verbinden von Wissen 2 Funktionskomplex Selbstorganisation Wie k¨

    onnen komplexere Strukturen entstehen? • Rezepte: Festgehaltenes und verarbeitbares Wissen zu wiederkehrenden T¨ atigkeiten
  33. Festhalten und Verbinden von Wissen 2 Funktionskomplex Selbstorganisation Wie k¨

    onnen komplexere Strukturen entstehen? • Rezepte: Festgehaltenes und verarbeitbares Wissen zu wiederkehrenden T¨ atigkeiten • Verbindung von Rezepten: Der Bedarf einer T¨ atigkeit ist das Resultat anderer
  34. Festhalten und Verbinden von Wissen 2 Funktionskomplex Selbstorganisation Wie k¨

    onnen komplexere Strukturen entstehen? • Rezepte: Festgehaltenes und verarbeitbares Wissen zu wiederkehrenden T¨ atigkeiten • Verbindung von Rezepten: Der Bedarf einer T¨ atigkeit ist das Resultat anderer • Szenario: Es gibt immer verschiedene M¨ oglichkeiten, wie ein Bedarf gedeckt werden kann.
  35. Der verteilte Planungsprozess 2 Funktionskomplex Selbstorganisation Prinzip: 1. Selbstorganisation durch

    Selbstzuordnung 2. Vorauswahl von sinnvoll erscheinenden T¨ atigkeiten durch Algorithmus 3. Variablen des Algorithmus unterliegen einem demokratischen Prozess Mehr zum verteilten Planungsprozess (peertube-Link):
  36. Komplexit¨ at der Selbstorganisation 2 Funktionskomplex Selbstorganisation Der ,verteilte Planungsprozes’

    ist nur eine von vielen Methoden mit Informationstechnik Selbstorganisation zu unterst¨ utzen.
  37. ¨ Ubersicht 3 Funktionskomplex Gegenseitigkeit ▶ Funktionskomplex Teilen & Regeln

    ▶ Funktionskomplex Selbstorganisation ▶ Funktionskomplex Gegenseitigkeit ▶ Abschluss
  38. Gegenseitigkeit & Ber¨ ucksichtigung 3 Funktionskomplex Gegenseitigkeit Ziel: gesellschaftliche Aufgehobenheit

    – keine Rechtfertigung der Existenz. Transformative Handlungsrichtung: F¨ ur die Freiheit derjenigen t¨ atig sein, die Freiheiten f¨ ur andere schaffen.
  39. Gegenseitigkeit & Ber¨ ucksichtigung 3 Funktionskomplex Gegenseitigkeit Ziel: gesellschaftliche Aufgehobenheit

    – keine Rechtfertigung der Existenz. Transformative Handlungsrichtung: F¨ ur die Freiheit derjenigen t¨ atig sein, die Freiheiten f¨ ur andere schaffen. Methode der Ber¨ ucksichtigung:
  40. Gegenseitigkeit & Ber¨ ucksichtigung 3 Funktionskomplex Gegenseitigkeit Ziel: gesellschaftliche Aufgehobenheit

    – keine Rechtfertigung der Existenz. Transformative Handlungsrichtung: F¨ ur die Freiheit derjenigen t¨ atig sein, die Freiheiten f¨ ur andere schaffen. Methode der Ber¨ ucksichtigung: • Methode der ,Ber¨ ucksichtigung’ ist f¨ ur alle Lebensaspekte anwendbar, nicht nur Leistung • Werkzeugen k¨ onnen die transformative Handlungsrichtung nahelegen • Toller Standard: Open Badges
  41. Datenschutz 3 Funktionskomplex Gegenseitigkeit Datenschutz zu gew¨ ahrleisten ist bei

    der Ber¨ ucksichtigungsmethode eine Herausforderung! Folgende Entwicklungen k¨ onnten helfen:
  42. ¨ Ubersicht 4 Abschluss ▶ Funktionskomplex Teilen & Regeln ▶

    Funktionskomplex Selbstorganisation ▶ Funktionskomplex Gegenseitigkeit ▶ Abschluss
  43. Fragend schreiten wir voran... 4 Abschluss Es gibt mehr Fragen

    als Antworten Aber es gibt M¨ oglichkeiten, gesellschaftlichen Wandel durch Informationstechnik zu unterst¨ utzen
  44. Fragend schreiten wir voran... 4 Abschluss Es gibt mehr Fragen

    als Antworten Aber es gibt M¨ oglichkeiten, gesellschaftlichen Wandel durch Informationstechnik zu unterst¨ utzen Es gibt keinen (progressiven) gesellschaftlichen Wandel, wenn es keine Infrastruktur gibt.
  45. Was tun? 4 Abschluss GCS-Projektstatus: Vernetzungsknoten/inaktiv Falls das Anliegen geteilt

    wird: • Infrastruktur aufbauen, um Wissen zu verkn¨ upfen • Zielgerichtete Beteiligung in bestehenden Projekten in Richtung Infrastruktur • Konkret: M¨ oglichkeiten aufbauen, mit Regeln und Ressourcen als gemeinsam nutzbare Informationsquellen umzugehen • Das Ziel einer anderen Lebensweise nicht aus den Augen verlieren.
  46. Empfehlungen 4 Abschluss Kapital und Commoning: Heinrich: Kritik der politischen

    ¨ Okonomie Sutterl¨ utti/Meretz: Kapitalismus Aufheben (CC) Helfrich/Bollier: Fair, frei und lebendig (CC) Join the Fediverse! Lokale Instanz: https://info.graz.social Tipp: events.graz.social
  47. Vielen Dank f¨ ur die Aufmerksamkeit 4 Abschluss Referent: Marcus

    Meindel Projekt: Global Commoning System L A TEX-Template by Federico Zenith (CC BY 4.0) Grafiken/Fotos: Mustergrafiken by Merc´ e M. Tarr´ es (PPL), Mobilizon by David Revoy (CC BY) Icons by: AomAm, Zahroe, Andreea Laura Parlafes, keenicon, andrewcaliber, useiconic.com, Adrien Coquet, Random Panda, Gerald Wildmoser, Youngky Kurniawan, Pro Symbols, Krista Glanville (alle CC BY, thenounproject.com) Texte im Rahmen des GCS: • „Konzeption des Global Commoning Systems” (Arbeitsversion) • 2023: Ostrom f¨ ur Praktiker:innen & Teilen f¨ ur Fortgeschrittene (tba) • 2020: The Timeless Way of Re-Production • 2018: Der Ausdehungsdrang moderner Commons Vortrag- Handout: